Bau des Monats 02/2023
Oberwilerstrasse
Salathé Architekten haben die Fassade eines Mehrfamilienhauses vom und beim Zoo Basel saniert. Das 1962 erbaute Haus zeigt sich nun stadtseitig mit einem sinnlich wirkenden Kleid aus dunkelgrünen Photovoltaik-Paneelen – in nur zwei Formaten! – und Holzrollläden.
Welches Ziel bezweckte das Bauvorhaben?
Vorgegeben waren die Sanierung der Gebäudehülle des Mehrfamilienhauses von 1962, die Brandschutzertüchtigung der Treppenhäuser, die Vergrösserung der Balkone und die Erstellung einer PV-Anlage an der Fassade und auf dem Dach. Das Wohnhaus gehört dem Zoo Basel, der die Wohnungen in den Obergeschossen vermietet. Im Erdgeschoss und im Untergeschoss befinden sich Werkstätten und Lager des Zoos, die eng mit den weiteren Infrastruktureinrichtungen des Zoos auf der Ost- und Nordseite des Hauses verbunden sind. Die energetische Sanierung des Gebäudes sollte zudem als Chance genutzt werden, die Zugehörigkeit des Hauses zum Zoo zum Ausdruck zu bringen und damit das Bemühen des «Zolli» um eine nachhaltige Zukunft.
Da sich in einem der angegliederten Nebengebäude auch eine grosse Heizungszentrale des Zoos befindet und dem Haus früher eine Tankstelle vorgelagert war ― das Vordach erinnert noch daran ―, sahen wir die Sanierung ferner als ein Weiterschreiben der Geschichte des Gebäudekomplexes als Energiezentrale des gesamten zoologischen Gartens: von fossil zu CO2-frei, auch ausserhalb des Zoos für die Stadt sichtbar.
War ein Abbruch jemals ein Thema? Wenn ja, weshalb wurde er verworfen?
Nein.
Gibt es Qualitäten im Bestand, inkl. Aussenraum, die das Projekt beeinflusst haben?
Ja. In seiner Architektur ist das bestehende Gebäude ein typischer Exponent aus den frühen sechziger Jahren. Die einfache, zweibündige Typologie, das klassische Durchwohnen und die schöne Weitsicht über den Zolli bestimmen die Qualitäten des Gebäudes. Das Mehrfamilienhaus von Schachenmann und Berger Architekten ist solide konstruiert, Ausdruck und Proportionen sind gut entwickelt und sollten bei der Fassadensanierung im Grundsatz beibehalten werden. Diese klaren Proportionen boten die Möglichkeit, im Entwurf eine gleichmässige Verkleidung der Fassade mit PV-Paneelen zu denken.
Wie gross war die Eingriffstiefe? Welche Bauteile wurden wie instandgesetzt, ertüchtigt oder ersetzt?
Im Bereich der Fassade, insbesondere der Balkone, war die Eingriffstiefe gross. Um die Tiefe der äusseren Fensterleibungen in der neu isolierten Fassade zu reduzieren, wurden die neuen Fenster auf den bestehenden Aussenputz montiert. Da der innenliegende Storenkasten so nicht mehr gebraucht wurde, wurde dieser zusammen mit der Sturzverblendung weggeschnitten. So konnten höhere Fenster eingebaut werden, die die Wohnungen noch grosszügiger öffnen und mehr Licht in die Tiefe der Grundrisse bringen.
Um die Kältebrücken der Balkone zu eliminieren, wurden die Betonplatten herausgeschnitten und durch Vollholzplatten auf Stahlträgern ersetzt. Dabei hat man die Chance genutzt, die Balkone auch deutlich zu vergrössern. Alle Fassaden wurden von aussen isoliert und süd- und westseitig mit dunkelgrünen PV-Paneelen, nord- und ostseitig mit einer vorvergrauten Holzschalung verkleidet. Da die Fassaden zum Zoo durch die auskragenden Balkone keine durchgehenden Brüstungsbänder besitzen, hat man darauf verzichtet, auch diese mit PV-Paneelen zu verkleiden. In der städtebaulichen Situation war es uns auch ein Anliegen, die grüne Fassadenecke als Ecke des gesamten zoologischen Gartens zu lesen. Daher haben wir die Fassaden zum Zoo mit einem natürlichen Material verkleidet.
Im Innern wurden zum einen die Treppenhäuser bezüglich des Brandschutzes ertüchtigt (Türen, Entrauchung, Beleuchtung) und zum anderen die Elektroinstallationen in den Wohnungen saniert. Alle Arbeiten wurden übrigens im bewohnten Zustand durchgeführt. Die Fenster wurden Wohnung für Wohnung ersetzt und die Anpassarbeiten der inneren Leibungen gleich im Anschluss ausgeführt. Jede Wohnung wurde so im Innern jeweils nur für zwei Wochen durch die Fassadensanierung tangiert.
Worin bestand die grösste Herausforderung?
Die detaillierte Ausführungsplanung der Verkleidung mit PV-Paneelen in nur zwei Standardformaten auf eine bestehende Fassade, die nicht durchgehend regelmässig ist. Damit verbunden: der gestalterische Umgang mit Toleranzen und die Ausbildung derer. Durch die Dimensionierung der Fugen und die Schrägstellung der Paneele im Brüstungsbereich konnten wir letztendlich die Formate auf die bestehende Fassade einjustieren. Dabei waren uns die eher breiten Fugen und die ausgestellten Paneele auch gestalterisch sehr wichtig, damit das Haus ein gläsernes Kleid erhält und nicht ein kompakter Glaskörper wird.
Welche Erkenntnisse haben Sie bei der Arbeit an diesem Projekt gewonnen?
Der Einfluss der Holzrollläden auf die PV-Fassade ist für das Wohnhaus zentral und trägt noch stärker zum Ausdruck bei als erwartet. Die Rollläden mit imprägnierten und lasierten Lärchenlamellen verleihen dem Haus auch zur Stadt hin einen warmen Charakter und verbinden sich sehr gut mit den grünen profilierten Gläsern.
Welche Vorarbeiten wurden geleistet, bevor das Vorprojekt beauftragt wurde?
Es wurde ein Studienauftrag für einen Projektvorschlag mit drei Teilnehmern durchgeführt. Die Erstellung der PV-Fassade war eine Vorgabe der Bauherrschaft.
Gab es Vorbilder/Referenzobjekte, an denen Sie sich orientiert haben?
Für das Gesamtprojekt gab es keine direkten Referenzen, wobei wir uns aber hinsichtlich der Glaspaneele zu Beginn am Haus Solaris von Huggenbergerfries Architekten orientierten. Die profilierte Oberfläche der nun gewählten Gläser bricht das Licht auf eine sanftere Art und Weise als ein flaches Glas und gibt dem Haus durch die vertikalen Rillen eine eigene Eleganz. Die Strukturgläser des Domus-Haus von Rasser und Vadi waren dafür ebenso eine wichtige Referenz. Das schlussendlich verwendete PV-Paneel (Glas und Farbe) stammt aus der Standardkollektion von Megasol.
Was würden Sie oder die Bauherrschaft rückblickend anders machen/angehen?
Eventuell würden wir prüfen, ob die Balkone nicht erweitert werden könnten, ohne die bestehenden Betondecken herauszuschneiden. Der Aufwand diesbezüglich war gross.
Kennwerte des MFH Oberwilerstrasse
Mengen, nach SIA 416 | vorher | nachher |
---|---|---|
Gebäudevolumen (GV), m³ | 7'323 | 7'599 |
Geschossfläche (GF), m² | 2'779 | 2'895 |
Hauptnutzfläche (HNF), m² | 1'845 | 1'845 |
Funktionale Einheiten (FE), Stk. | 20 | 20 |
BKP 2 Gebäude (inkl. PV-Anlage) | 3'790'000 | |
BKP 2, CHF/m³ GV | 500 | |
BKP 2, CHF/m² HNF | 2'050 | |
BKP 2, CHF/Stk. FE | 189'500 | |
Heizwärmebedarf Qh | ||
Energieerzeugung | Wärmeverbund Zoo | Wärmeverbund Zoo |
Eigenenergieversorgung erneuerbare Energie (PV) | Fassade 52 kWp, Dach 41 kWp. Erwarteter Ertrag Total ca. 71'000 kWh/a. |
|
Lüftungskonzept: | ||
Musste eine massgebliche Reduktion beantragt werden? | nein | |
Erfüllungfaktor αeff nach SIA 269/8 | αx = 0.43 αy = 0.29 | αx = 0.43 αy = 0.29 |
Eckdaten
Bauwerkname | Mehrfamilienhaus Oberwilerstrasse Zoo Basel |
Ort | Oberwilerstrasse 133 + 135 4054 Basel |
Auftragsart | Studienauftrag mit drei Teilnehmern |
Jahr der Fertigstellung | 2022 |
Baujahr Bestand | 1962 (Architektur: Schachenmann und Berger) |
Bauweise | Bestand: Massivbauweise in Beton und Backstein |
Bauherrschaft | Zoologischer Garten Basel AG |
Architektur | Salathé Architekten Basel, Basel. Pepita Bernasconi, Fabian Früh, Silvia Jenni, Mattia Mariotto, Dominique Salathé. |
Bauleitung | Glaser Baupartner, Basel |
Fachplaner | Schmidt + Partner Bauingenieure, Basel |
Spezialisten | Energiebüro, Zürich (PV-Planung). Christoph Etter Fassadenplanungen, Basel. Gartenmann Engineering, Basel (Bauphysik). Peter Deubelbeiss, Obermumpf (Brandschutz allgemein). Holzprojekt, Basel (Brandschutz Holzbau). |