Bau des Monats
Umnutzung Felix Platter-Spital

Die ARGE Müller Sigrist/Rapp hat das 1967 erbaute Felix Platter-Spital zu einer „Wohnmaschine“ mit 134 Wohnungen, gemeinschaftlichen und öffentlichen Nutzungen umgenutzt. Die äussere Erscheinung des Baudenkmals blieb erhalten; im Innern bildet ein neues, doppelstöckiges Foyer das nachbarschaftliche Herzstück. 

Umnutzung Felix Platter-Spital
Südfassade (Foto: Ariel Huber)

Welches Ziel bezweckte das Bauvorhaben?

Das primäre Ziel war, im ehemaligen Felix Platter-Spital langfristig bezahlbaren Wohnraum und ein neues Zentrum im Quartier zu erstellen. Mit dem sensiblen Umbau konnten Ressourcen geschont und die städtebaulichen Qualitäten der Hochhausscheibe aus der Nachkriegsmoderne erhalten werden. Im umgebauten Haus sind nun 134 vielfältige Wohnungen mit ergänzenden, gemeinschaftlichen Nutzungen und öffentlichen Angeboten für das Quartier unter einem Dach vereint.

Umnutzung Felix Platter-Spital
Bestand: Spitalgebäude von 1967 (Foto: Emil Balzer, Archiv Hochbauamt Basel-Stadt)

War ein Abbruch jemals ein Thema? Wenn ja, weshalb wurde er verworfen?

Ja, da das Gebäude als Spital ausgedient hatte, war ein Abriss geplant. Als klar wurde, dass eine deutliche Verbesserung der Energieeffizienz genauso möglich ist wie die Ertüchtigung punkto Erdbebensicherheit – bei gleichzeitiger Wirtschaftlichkeit und Umnutzung zu Wohnraum –, kam ein Schutzvertrag zustande, der die Gebäudehülle, die äussere Erscheinung und den grossen Veranstaltungsraum im EG umfasst.

Umnutzung Felix Platter-Spital
Nordseite mit Bistro und Detailhändler im Erdgeschoss (Foto: Ariel Huber)

Gibt es Qualitäten im Bestand, inkl. Aussenraum, die das Projekt beeinflusst haben?

Um die detailreiche Südwestfassade energetisch zu sanieren, wurde eine neue, vollverglaste Fassadenschicht hinter der historischen Aussenhaut eingezogen. Dadurch bleibt die Fassade mit ihren drehbaren Fensterflügeln erhalten, und die dazwischenliegenden Räume sind als Wintergärten ganzjährig nutzbar.

Umnutzung Felix Platter-Spital
Wintergarten zwischen der alten und der neuen
Fassadenschicht (Foto: Ariel Huber)
Umnutzung Felix Platter-Spital
Fassadendetail 1
Umnutzung Felix Platter-Spital
Fassadendetail 2
(Südfassade)

Wie gross war die Eingriffstiefe? Welche Bauteile wurden wie instandgesetzt, ertüchtigt oder ersetzt?

Das Spital wurde bis auf den Rohbau zurückgebaut. Die komplette Südfassade sowie das filigrane Gitterwerk aus Betonelementen auf der Nordseite wurden erhalten. Aus Gründen der Erdbebenertüchtigung wurden die beiden äusseren Erschliessungskerne durch neue Treppenhäuser und Liftschächte näher an der Zentralachse des Gebäudes ersetzt. Durch diese Verschiebung dienen sie der vertikalen Versteifung, und es wird eine höhere Flexibilität bei der Ausgestaltung der Wohnungstypologien erreicht. Zur Längsaussteifung wurden drei gebäudehohe Mauerscheiben einbetoniert.

Für das repräsentative und adressbildende, doppelgeschossige Foyer im Erdgeschoss wurden drei Deckenfelder ausgeschnitten. Die Lasten der darüberliegenden Wandscheiben werden von den markanten Stützen abgetragen. Das Thema der Durchbrüche und Sichtbezüge über verschiedene Etagen zieht sich mit der inneren Erschliessung durchs ganze Haus.

Umnutzung Felix Platter-Spital
Foyer, Treffpunkt und öffentliche Querung. Die obere Ausweitung der Pfeiler ermöglichte das Einfüllen des Betons seitlich der direkt darüberliegenden, tragenden Wände. (Foto: Ariel Huber)
Umnutzung Felix Platter-Spital
Neue Betonstützen im jetzt doppelgeschossigen Foyer (Foto: Müller Sigrist Architekten)
Umnutzung Felix Platter-Spital
Innere Erschliessung, durchgehend vom Foyer bis zum Gemeinschaftsraum auf dem Dach (Foto: Ariel Huber)
Umnutzung Felix Platter-Spital
Öffnungen für die innere Erschliessung im ehemaligen Spitalflur (Foto: Müller Sigrist Architekten)

Worin bestand die grösste Herausforderung?

Da es sich um eine Umnutzung handelte, genoss das Gebäude keinen Bestandsschutz mehr, d.h. der Bau musste grundsätzlich Neubaunormen erfüllen – alle neuen Anforderungen in die alte Hülle! Grosse Herausforderungen gab es da bei teilweise entgegenwirkenden Anforderungen, beispielsweise zwischen bestehender, minimal ausgelegter Statik (die möglichst keine zusätzliche Masse im Gebäude ertragen würde) und den Schallschutznormen (deren Werte gemeinhin das Einbringen ebendieser zusätzlichen Masse erfordern). In diesem Fall wurde die Lösung mit einem kompakten Trockenestrich erreicht, in dem die Heizschlaufen eingelegt wurden.

Welche Erkenntnisse haben Sie bei der Arbeit an diesem Projekt gewonnen?

Der Erhalt eines solchen Gebäudes ist mit grossem Aufwand und nur durch viel Engagement verschiedener Personen möglich. Die Aufwendungen lohnen sich allerdings aus verschiedenen Aspekten: Erhalt der Baukultur, nachhaltiges Bauen (durch den Erhalt der Bausubstanz beläuft sich beim Umbau Felix Platter-Spital die CO2-Bilanz auf rund 5 kg CO2/m² EBF a, deutlich besser als bei jedem Neubau) und nicht zuletzt spannende Wohnungs- und Nutzungsgrundrisse, welche sich vom üblichen Neubaumarkt unterscheiden.

Umnutzung Felix Platter-Spital
Eingang zum Foyer auf der Südseite
(Foto: Ariel Huber)
Umnutzung Felix Platter-Spital
Gemeinschaftsraum auf dem Dach (Foto: Ariel Huber)

Welche Vorarbeiten wurden geleistet, bevor das Vorprojekt beauftragt wurde?

Studienauftrag im Einladungsverfahren.

Gab es Vorbilder/Referenzobjekte, an denen Sie sich orientiert haben?

Kalkbreite Zürich, Müller Sigrist Architekten (Vielseitige Wohnformen, Erschliessung, Zusammenleben).

Was würden Sie oder die Bauherrschaft rückblickend anders machen/angehen?

Zu Beginn war ein straffer Zeitplan vorgesehen. Der Betrieb des vormaligen Spitals liess jedoch keine Sondierungen zu, sodass die Angaben der an sich sehr guten Bestandespläne nicht umfassend verifiziert werden konnten. Die Baustelle wurde dann ohne die hieraus erlangbaren Einsichten begonnen, was zu unvorhergesehenen Massnahmen führte. Insofern hätte eine längere Sondierungs- und Planungszeit bessere Voraussetzungen geschaffen.

Umnutzung Felix Platter-Spital
Situation
Umnutzung Felix Platter-Spital
Grundriss Erdgeschoss
Umnutzung Felix Platter-Spital
Grundriss 1. Obergeschoss
Umnutzung Felix Platter-Spital
Grundriss 4. Obergeschoss
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Grundriss 5. Obergeschoss
Umnutzung Felix Platter-Spital
Perspektivenschnitt
Umnutzung Felix Platter-Spital
Querschnitt

Kennwerte der Umnutzung Felix Platter-Spital

Mengen, nach SIA 416vorhernachher
Gebäudevolumen (GV), m³92'265
Geschossfläche (GF), m²24'601
Hauptnutzfläche (HNF), m²13'484
Funktionale Einheiten (FE), Stk.144
(134 Wohnungen, Kita, Kindergarten,
2 Treffpunkte, 1 Saal, 2 Gewerbe, 1 Gastronomie, 2 Detailhandel)
Baukosten, CHF inkl. MWSt.
BKP 1 Vorbereitungsarbeiten4'700'000
BKP 2 Gebäude68'000'000
BKP 4 Umgebung1'300'000
BKP 5 Baunebenkosten1'000'000
BKP 9 Ausstattung0
BKP 1-9, CHF75'000'000
BKP 2, CHF/m³ GV737
BKP 2, CHF/m² HNF5'040
BKP 2, CHF/Stk. FE472'220
BKP 1-9, CHF/m³ GV810
BKP 1-9, CHF/m² HNF5'560
BKP 1-9, CHF/Stk. FE520'830
Energiebedarfvorhernachher
Energiebezugsfläche EBF, m²18'626
Heizwärmebedarf Qh, kWh/m²a26
Grenzwert Qh,li für Umbauten, kWh/m²a37
Heizwärmebedarf Qh, in % des Grenzwertes71
Elektrizität, inkl. Wärmepumpe (falls vorhanden), kWh/m²a-
Gesamtenergiebedarf (Heizwärmebedarf + Elektrizität), kWh/m²a26
Energieversorgungvorhernachher
Energieerzeugung70% Grundwasserwärmepumpe, 30% Fernwärme
Eigenenergieversorgung erneuerbare Energie (PV, SK, Umweltwärme), kWh/m²a218
Art der erneuerbaren EnergieSonnenenergie
Lüftung
Lüftungskonzept:
Lüftung der Wohnungen mittels freier Fensterlüftung. Im Erdgeschoss werden die Räumlichkeiten mit einer mechanischen Lüftung belüftet.
Schallschutzvorhernachher
Luftschallschutz Decke Di, dB
(mind. ≥ 52.0 dB nach SIA 181)
≥ 52.0
Trittschallpegel Boden L', dB
(max. ≤ 55.0 dB Umbau gemäss SIA 181)
≤ 55.0
In welchem Umfang sind Bauteile ertüchtigt worden?
Die Bodenaufbauten wurden ersetzt mit einem schwimmenden Trockenestrich-System (von Knauf), Wohnungstrennwände wurden als zweischalige Trockenbaukonstruktion ausgeführt, wo keine Betonwände vorhanden waren.
Brandschutzvorhernachher
Musste eine massgebliche Reduktion beantragt werden?nein (Die Anforderungen wurden an die Vorgaben für Hochhäuser erhöht.)
Erdbebensicherheitvorhernachher
Erfüllungfaktor αeff nach SIA 269/8 oder gem. Merkblatt SIA 20181.0
nach welcher Norm berechnet?SIA 269/8
Nachhaltigkeitvorhernachher
Nachhaltigkeitslabel-
Treibhausgasemissionen Erstellung und Betrieb gem. SIA 2040, THG (kg CO2-eq/m²a)7,8
Erfüllung Norm SN 0500vorhernachher
Wohnungszugänglichkeit gem. BEHIG?ja
Wohnungen vollständig behindertengerecht anpassbar?ja

Eckdaten

BauwerknameUmnutzung Felix Platter-Spital
OrtIm Westfeld 30
4055 Basel
AuftragsartStudienauftrag im Dialog mit Präqualifikation
Jahr der Fertigstellung2022
Baujahr Bestand1967 (Architektur: Fritz Rickenbacher, Walter Baumann)
BauweiseMassivbau in Stahlbeton
BauherrschaftBaugenossenschaft wohnen&mehr, Basel
GeneralplanungARGE Müller Sigrist Architekten / Rapp AG
ArchitekturMüller Sigrist Architekten, Zürich
Pascal Müller, Philip Thoma (PL), Blaž Hartman, Eleanor Mir, Noémi Gilliand, Olivia Burri, Julia Pelizzari
BauleitungRapp AG, Basel
FachplanerDr. Lüchinger + Meyer Bauingenieure AG, Zürich (Tragwerksplaner)
Lorenz Eugster Landschaftsarchitektur und Städtebau GmbH, Zürich (Landschaftsarchitektur)
Neuschwander + Morf AG, Basel (Fassadenplanung)
HeiVi Gebäudetechnik AG, Basel (HLK & Koordination)
Anima Engineering AG, Basel (Sanitärplanung)
Boess Sytek AG, Binningen (Elektroplanung)
Durable, Planung und Beratung GmbH, Zürich (Bauphysik)
Aegerter & Bosshardt AG, Allschwil (Brandschutz)
SpezialistenMoveing, Basel (Verkehrsplanung)
MB Grafik, Basel (Signaletik)